Direkt zum Inhalt
28.06.2012

Quartalsende-Panik

Meine zehn liebsten Herstellersprüche am Quartalsende:

Meine zehn liebsten Herstellersprüche am Quartalsende:

1) Wir üben normalerweise ja schon seit Jahren keinen Lagerdruck auf die Distribution am Quartalsende aus. Dieses Mal ist es eine ganz besondere Situation.

2) Herr Spranger, natürlich erhält dieses Angebot kein anderer Distributor!

3) Sie können ganz klar davon ausgehen, dass wir den zusätzlichen Umsatz jetzt von Ihrem nächsten Quartalsziel abziehen

4) Aber wenn Sie doch jetzt die 100 Paletten Ware nehmen, dann haben wir nichts mehr und Sie können als einziger liefern!

5) Von einem Distributor erwarten wir ganz einfach, dass er auch mal Ware für sieben oder acht Monate auf Lager legt.

6) Wir werden Sie doch nicht mit überschüssiger Ware alleine lassen!

7) Sie müssen diese drei LKW-Ladungen jetzt abnehmen, weil wir wollen ja im nächsten Quartal ganz viele unserer kleinen Direktpartner über Sie abwickeln.

8) Dieser Großauftrag ist ganz wichtig für Ihre Reputation in unserem Headquarter in den USA/Japan/...

9) Wenn Sie noch eine weitere Halle anmieten müssen, na klar übernehmen wir die Lagerkosten.

10) Wir hatten in diesem Quartal eine Umstrukturierung und deshalb dürfen wir besonders in diesem Quartal nicht daneben liegen.

Und ja, unsere Hallen platzen aus den Nähten, und ja, wir freuen uns ja über die schönen Produkte, aber mal ganz ehrlich, wo ist denn mal ein Manager, der das Rückgrat hat, seinem Chef oder der Börse offen und ehrlich zu erklären, dass der Markt so ist wie er ist und jedes vorgezogene Quartalsgeschäft nur zu Preis- und Margenerosion führt. Und wo ist endlich mal der Aktionär, der sich anschaut, was für Ware noch kurz vor Schluss in den Channel gedrückt wurde - denn derart verfälschte Zahlen eignen sich zur Unternehmessteuerung und -bewertung eben einfach nicht.

Aber was rede ich, bei uns ist es dann am 31.12. wieder genauso unsinnig umgekehrt, weil wir so wenig Bestand wie möglich brauchen wegen Basel II. Auch diese Kennziffer hat keinerlei Aussagekraft für den Wert des Unternehmens, aber was soll ich gegen Windmühlen kämpfen :)

Genug gejammert, jetzt gilt es Platz schaffen, Montag kommen dann die Lieferungen vom 29.6. bei uns an. Und einige Hersteller, die zur Beantwortung einer einfachen Lieferzeitanfrage drei Wochen Zeit brauchen, können plötzlich sogar samstags Paletten verschicken :)

22.06.2012

Love China!

Seit zwei Stunden sitze ich im Auto, auf Hainan Island, auf der Strecke von Sanya nach Haikou.…

Seit zwei Stunden sitze ich im Auto, auf Hainan Island, auf der Strecke von Sanya nach Haikou. Wir hatten in Sanya ein erfolgreiches "Mobility Weekend" zusammen mit Honeywell und Elo, aber die Rückreise gestaltet sich schwierig.

Leider kam ein Taifun dazwischen, der schon das ganze Wochenende seine Vorboten geschickt hatte. Es hat am ganzen Wochenende nur einmal geregnet, es fing Freitagabend an und hörte Montagmittag auf.

Bernd, der mit der Hauptreisegruppe zurück nach Shenzhen geflogen ist, hat die Nacht am Flughafen verbracht und konnte auch mit ansehen, wie die Fluggäste sich solidarisiert und den Check-In-Mitarbeitern auf die Nase gehauen haben, bis diese sich für das schlechte Wetter entschuldigt haben. Danach wurde auch eine First-Class-Lounge gestürmt. Hilft aber nichts: Wenn kein Flugzeug wegen des Wetters ankommt, kann auch kein Flugzeug abfliegen.

Also ist die ganze Truppe schlaflos per Zug nach Haikou gefahren. Der Flughafen dort ist auch geschlossen, aber nicht ganz so sehr wie der in Sanya. Statt Sonntagnachmittag kamen unsere Mitarbeiter dann letztendlich Montagabend wieder zu Hause an.

Da ich nicht nach Shenzhen muss, sondern nach Shanghai, fahre ich erst jetzt durch die Waschküche. Alle paar Minuten kommen Anrufe, welcher Flug nun gestrichen ist und welcher nicht. In China gibt man ungern Misserfolge zu, und so sieht auf den offiziellen Airport-Webseiten alles so aus wie "business as usual". Sanya alleine hat 75 Flüge gestrichen, die aber laut Webseite alle pünktlich waren.

Anders ist nun eben die wirkliche Lage. Mein Fahrer fährt mich und meine Rotweinflasche stundenlang durch die Nacht, um mich vom geschlossenen Flughafen Sanya zum gerade wieder geöffneten Flughafen Haikou zu bringen. Dann kommt ein Anruf, dass mein Flug auch gestrichen ist, aber der Flug eine Stunde vorher noch fliegen soll. Ich bitte den Fahrer, mehr Gas zu geben, aber: abruptes Bremsen - und der Fahrer steigt aus. Ich dachte schon, ich hätte ihn zu sehr angetrieben und er schmeißt mich nervige Langnase jetzt im Taifun raus.

Aber: "Sorry, Sir, I can bring you to Haikou on time, but I have to cover the license plates" - und vorne und hinten werden einfach Schutzhüllen auf die Nummernschilder gezogen. Und schon kann man in China 200 km/h fahren. Klasse! Soll mal einer sagen, es gäbe keine kreativen Lösungen in China.

Soweit ich das bei dem Regen noch registrieren konnte, sind wir etwa acht Mal geblitzt worden, und wir fahren schon seit zwei Stunden mit Warnblinker. Allerdings hat Hainan nagelneue Autobahnen, so dass ich gemütlich den Laptop nutzen und dabei Wein trinken kann. Love China!

Die wichtigste Erkenntnis über das Unwetter kam von meinem Mentor Y.S. Chang, der vollkommen relaxed mit mir in einer Teehütte saß, als rundherum der Regen wie aus Gießkannen das Gelände überschwemmte: "Rain is good. Rain means money." Nun denn.

Fotos von unserem Sanya-Trip: www.facebook.com/jarltech

05.06.2012

Logistik an Feiertagen

Wir machen 40% unseres Geschäfts in Deutschland. An einem Feiertag sollen wir aber plötzlich Kunden in Frankreich oder England nicht mehr weiterhelfen?…

Wir machen 40% unseres Geschäfts in Deutschland. An einem Feiertag sollen wir aber plötzlich Kunden in Frankreich oder England nicht mehr weiterhelfen? Warum soll ein Kunde in Belgien einen Tag länger auf sein Paket warten? In der Regel weiß der Kunde gar nicht, dass unser Lager in Deutschland ist.

Noch schlimmer ist ein Feiertag, der nicht einmal in ganz Deutschland begangen wird, so wie dieser Donnerstag. Hessen hat geschlossen, und so natürlich auch die Paketdienste in Hessen. Sollen wir dann einen Kunden in Hannover, der am Freitag Ware braucht, der Konkurrenz überlassen? Damit ist jetzt Schluss.

Wenn wir einem Kunden in Luxemburg oder in Polen sagen: Jarltech liefert alles am selben Tag aus, dann müssen wir das auch machen. Ab sofort hat unser Lager an Feiertagen mit einer kleineren Mannschaft geöffnet und unsere Sprinter-Flotte (LKWs dürfen ja nicht fahren an Feiertagen!) liefert die Pakete einfach an Hubs der Paketdienste im Ausland. Nach Frankreich und Österreich fahren wir ohnehin schon täglich mit eigenen Fahrzeugen.

Unsere Technikabteilung hat an solchen Tagen schon immer eine Notbesetzung in den entsprechenden Sprachen der Länder, die nicht geschlossen haben, und unser Vertrieb ist ebenfalls in den geöffneten Gebieten im Einsatz. Das alles kostet jede Menge Geld, und es ist an der Zeit, die Feiertage zu vereinheitlichen. Warum gibt es nicht ein paar generelle Feiertage in Europa, auf die sich (fast) alle einigen können, wie zum Beispiel Weihnachten? Wenn dann die sechs anderen Feiertage abgeschafft würden und per Gesetz bekäme dafür jeder Angestellte sechs Urlaubstage mehr aufgeschlagen ... schon hätten wir ein besseres Ergebnis und mit Sicherheit eine Steigerung der Wirtschaftsleistung.

Peinlich könnte es eventuell für die Kirche werden, wenn kaum jemand an Fronleichnam oder am Ostermontag einen freien Tag nehmen möchte, aber die Kirche wird das sicherlich überleben. Im Zuge der Globalisierung fällt es zunehmend schwer, sich ständig mit nationalen Sonderregelungen herumschlagen zu müssen.