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Gestern war hier in Hong Kong die Pressekonferenz des Finanzministers, wie mit dem Überschuss der Regierung umgegangen wird. Richtig gehört: Überschuss! Hong Kong verdient Geld. Knapp 60 Mrd Euro Reserven gibt es, dazu für das letzte Jahr mal eben ein Plus von sieben Mrd Euro. Und, kaum zu glauben – wir sind nicht in Europa – wird das Geld nicht unsinnig ausgegeben, sondern die Steuerzahler bekommen es zurück. Und das, obwohl hier schon niemand mehr als 16,5% Steuern zahlt (Firmen: 15%). Allerdings klagt die Mittelklasse, dass es dieses Jahr nicht einfach einen Scheck gibt (das gab es auch schon). Das Geld wird in den allgemeinen Rentenfond eingezahlt (Cash Auszahlungen würden die Inflation befeuern), und die Bewohner von Sozialwohnungen erhalten zwei Monate „Mieturlaub“. Immerhin steigen die Steuerfreibeträge für Familien mit Kindern und abhängigen Senioren. Programmatisch erwägt die Regierung ab sofort ein Programm für staatliche Mikrokredite, um die 3,7% Arbeitslosen in Beschäftigung zu bringen.

Noch überraschender ist, dass Sie in Hong Kong jeden auf der Straße fragen können, was mit seinen Steuern passiert. Die Regierung überwacht sich nicht selbst, sondern hat mit der KPMG einen Wirtschaftsprüfer beauftragt. Und der Bericht geht nicht nur an die Regierung, sondern jeder Steuerzahler erhält von der KPMG ein einfach verständliches Heft mit allen Informationen, was mit seinem Geld passiert ist. Und Kritik ist auch reichlich enthalten, unter anderem die Nachhaltigkeit der Inflationsbekämpfung betreffend.

Ich würde mir wünschen, dass auch zu Hause in Deutschland mehr diskutiert wird, was denn mit wessen Geld passiert. Und auch darüber, wie Geld von Steuerzahlern zu Nichtzahlern transferiert wird. In Hong Kong ist es dank der niedrigen Steuersätze völlig normal, dass ein wohlhabender Bürger seine Steuerlast in selber Höhe nochmal für Charity ausgibt – das kann eine direkte Spende sein, ein amüsanter Wohltätigkeitsball oder eine Trüffelauktion – ganz egal, Hauptsache das Geld findet seinen Weg zu den Bedürftigen. Und, diese sagen auch mal „Danke“ dafür. Ich kann mich nicht entsinnen, dass sich der Verband der Sozialhilfeempfänger in Deutschland (gibt es den?) schon mal groß bei den vielen Arbeitern, Angestellten und Unternehmern bedankt hätte – dafür, soviel Geld zu erwirtschaften, dass Transferleistungen noch möglich sind. Und die Steuerzahler könnten auch mal stolz darauf sein, so ein großartiges Sozialsystem zu finanzieren. Dieser soziale Frieden ist der wichtigste Punkt in der Zukunft Deutschlands – sonst gehen die Nettozahler ins Ausland und der Rest geht bergab. Und „sozialer Frieden“ sollte nicht immer nur bedeuten, dass die Leistungsträger zahlen, damit die Bedürftigen ruhig sind – ein wenig mehr Interesse von beiden Seiten dürfte schon sein. Ich sage immer „danke“, wenn mir jemand etwas gibt, und niemals „soll das denn schon alles sein?“.