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Ich bin Fan von Eintracht Frankfurt, egal ob in der ersten oder zweiten Bundesliga, und verpasse nie ein Spiel. Gestern hat Frankfurt gegen Freiburg 3:3 »verloren«, nämlich mit 35:10 Torschüssen. Wie kann denn so etwas passieren? Eintracht hat ein hochgelobtes Management, und die Spieler hatten nun wochenlang Zeit, individuell zu trainieren. Auch die Trainer konnten sich Gedanken machen.

Da kann ich doch hergehen, und als Spieler an meinen Unzulänglichkeiten arbeiten. Ich nehme mal Mijat Gacinovic als Beispiel – ein super-sympathischer Typ, den die Fans lieben – der spätestens seit seinem Torlauf beim Pokalsieg und eben weil er mannschaftsdienlich spielt, einen super Überblick hat, und sich auch in einer Mauer nicht wegduckt. Was der alles für den Verein einsteckt, ist gewaltig. Wenn er aber – bis auf Ausnahmen – auf das Tor schießt, können die Verteidiger eigentlich gleich abdrehen. Denn der Ball wird neben das Tor gehen oder dem Torwart direkt in die Arme geschossen.

Ich bin mir sicher, dass ihm das klar ist. Dann hätte man doch selbst, oder als Trainer, in der Corona-Pause mal auf die Idee kommen können: Junge, in den nächsten acht Wochen machst du nichts anderes als auf eine Torwand schießen, denn alles andere kannst du. Man könnte auch noch Stresssituationen dazu erzeugen. Und wenn du dann acht von zehn Dingern reinmachst, dann darfst du wieder mitspielen.

Ein Danny da Costa zum Beispiel, ebenfalls ein Publikumsliebling, hat seine Probleme beim Schießen von Flanken. Das kann man lernen, das ist »nur« Technik. Schwächen verbessern. Sagt ihm das niemand?

Mir fallen jetzt noch genug andere Beispiele ein, aber es geht um das Prinzip.

Weiter: Wenn ich als Trainer den torgefährlichsten Verteidiger der europäischen Top-Ligen habe, nämlich Martin Hinteregger, sollte ich mir dann nicht mal überlegen, ob der nicht besser im Sturm aufgehoben wäre, wenn schon die anderen Stürmer nicht treffen? Vielleicht ist er dazu eigentlich nicht schnell genug, aber auch Alex Meier hat keine Wettläufe gewonnen. Ebenso wie Martin Hinteregger hat er aber die Schuss-Technik und beherrscht das Stellungsspiel vor dem Tor. Das ist doch schon mehr, als das, was unsere anderen Stürmer mitbringen.

Leute aus dieser Altersklasse in meiner Firma kommen auch auf mich zu und fragen, was sie verbessern müssen, um das gleiche Geld zu verdienen wie XYZ. Welche Fortbildung sollte ich machen? Ich stelle mir vor, dass auch ein Fußballspieler mal von seinem Kind oder seiner Spielerfrau gefragt wird, warum er nur eine Million im Jahr verdient und nicht zwanzig wie Ronaldo? Solche Spieler kann sich Eintracht Frankfurt dann nicht mehr leisten: Hat der Verein also ein Interesse daran, die Spieler auf einem niedrigeren Leistungs-Niveau zu halten? Nein, man möchte doch auch Spieler teuer verkaufen, also müssen individuelle Schwächen weg.

Ob die Jungs nun ihren Chef fragen, oder doch lieber ihren Berater oder ihre Fans: Sie könnten auf jeden Fall herausfinden, woran es hakt, und dann daran arbeiten. Manche sagen: Ach was, die Spieler sind »satt« genug. Glaube ich nicht. Es ist so schwer, in die erste Bundesliga zu kommen, trainieren muss ich sowieso, dann mache ich doch das, was ich noch üben muss. Jeder junge Mensch braucht eine Person, die ihm schonungslos die Wahrheit sagt, zumindest beruflich. Egal ob man nun in der Bundesliga kickt oder im Großhandel arbeitet.

Sollte es am Ende an der Psyche liegen, kann einem auch da geholfen werden. Ist das verwerflich, sich Hilfe zu suchen, um mit Schwächen umzugehen? Eher nein, würde ich sagen.

Vor allem die Corona-Zeit war für Fußballer eine Riesen-Chance, sich individuell zu verbessern. Im Falle von Eintracht Frankfurt wurde diese leider vertan. Vielleicht kann man ja in der Sommer-Pause darüber nachdenken. Und dann das nächste Mal gegen Freiburg bitte mit 35:3 gewinnen, danke. Ach nein, in meinem Bild fehlt jetzt ja Martin Hinteregger in der Verteidigung, dann eben 35:6, nehme ich auch. Auf jetzt!