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Vorweg: Komplett verbieten kann ich PowerPoint bei Jarltech leider nicht. Zahlen für Banken, aber auch technische Diagramme finden gelegentlich doch per PowerPoint den Weg auf die Leinwand. Aber eine prinzipielle "no powerpoint"-Policy haben wir.

Manchen Besuchern entgleiten die Gesichtszüge, wenn wir sagen "lassen Sie die PowerPoint-Präsentation doch einfach mal weg und erzählen Sie einfach etwas über Ihre Firma". Oder "wollen wir das Produkt nicht lieber mal in die Hand nehmen?" Gute Präsentationen sind einfach zu selten. "Ja, das ist aus der Marketing-Abteilung, diese und jene Seite überspringen wir mal" klingt nicht nach Vorbereitung. Und: Wenn schon Folien an der Wand, dann bitte ohne Text. Klar möchte man mal einen Blick auf die Fabrik eines Herstellers werfen ... leider steht dann daneben ein Kästchen mit 20 technischen Daten der Fabrik. Diese Daten, sofern interessant, hat man nach einer Sekunde erfasst - aber natürlich beginnt der Vortragende dann, diese Zahlen alle einzeln vorzulesen. Schön mit Blick weg von den Zuschauern, immer die Augen auf die Leinwand getackert. Denn die Zahlen weiß er nicht, auch nicht circa, denn sie interessieren ihn auch nicht.

Besonders bei asiatischen Firmen fällt auf, dass die Präsentationen meist die Firmengeschichte ab 1965 enthalten, selten aber etwas über die Zukunft. Würde man darüber reden, käme man im Gespräch zu einem besseren Ergebnis. Und: Zwischenfragen sind natürlich tunlichst zu vermeiden, denn dann dauert das Spektakel noch länger.

Treffen wir neue Kunden oder Lieferanten, händigen wir als erstes ein kleines Buch über Jarltech aus. Mit vielen Bildern, und jeder kann auf der Seite hängen bleiben, die ihm gefällt. Auch Hand-Outs sind noch besser als PowerPoint - so kann der Vortragende, wenn er nicht komplett ignorant ist, wenigstens registrieren, dass die Zuhörer (oder: Mitleser) aus Langeweile schon fünf Seiten weitergeblättert haben. Wenn ich doch Verkäufer bin - und sind wir das nicht alle - muss ich doch merken, wofür sich mein Gegenüber wirklich interessiert, und dann genau darauf eingehen.

So entsteht eine Zeitfresserei durch PowerPoint (nicht nur beim Vorbereiten, sondern vor allem bei den Zielpersonen), die kaum zu überbieten ist. Da wir bei Besprechungen in der Regel keinen Alkohol servieren, kann man das Geschehen auch oft weniger gut ausblenden. Mit offenen Augen schlafen kann ich leider nicht. Außerdem schnarche ich, das würde also auffallen.

Ist es denn so, dass man, weil man einen Termin irgendwo hat, und dafür drei Stunden gefahren ist, unbedingt mindestens eine Stunde zusammensitzen muss? Wenn man nur ein Gesprächsthema für fünfzehn Minuten hat, dann ist doch alles prima. Oder man braucht ein neues Thema, oder vielleicht mehrere, aber man muss doch nicht jemandem mit Absicht auf den Geist gehen. Leider sind in der IT-Branche nicht viele Leute wirklich witzig, um so etwas kurzweilig zu gestalten.

Also bitte: Bringt uns Produkte mit, redet über Inhalte, zeigt uns interessante Bilder - aber bitte lest keinen Text von der Wand ab. Das können wir selber. Hat das eigentlich schon mal einer probiert? Einfach eine Folie mit Text an die Wand zu werfen, dann die Klappe zu halten und das Publikum selber für sich lesen zu lassen? Das ginge vermutlich immerhin schneller. Degradiert halt den Vortragenden zum Deppen, der nur die "nächste Folie"-Taste drücken darf. Vielleicht redet der sich dann aber nicht den Mund beim Vorlesen fusselig und hat dafür danach die Kraft, über das Gesehene auch zu sprechen.

Eine nette Funktion ist die Einblendung der Seitenzahl unten rechts. Wenn da dann steht "Folie 4 von 274" dann reicht mir das als Signal, einen wichtigen Anruf zu bekommen, den Raum zu verlassen und zwischendurch etwas Sinnvolles zu tun. Kennen Sie diese Apps, die einen auf Knopfdruck zurückrufen? So reicht ein Tastendruck, und 20 Sekunden später klingelt das Telefon und mein Hund ruft mich an, oder wer auch immer, aber natürlich dringend. Ausprobieren!

Ist das unhöflich? Ja, also sollte man in Zukunft lieber die Courage aufbringen und gleich am Anfang sagen, was man von einem Gespräch erwartet und vor allem, was man schon weiß und nicht noch einmal hören möchte. Noch besser wäre es, gleich bei der Einladung zu sagen: Bitte kein PowerPoint. Auch nicht ausgedruckt. Und auf keinen Fall eine "einleitende Präsentation vor der Gesprächsrunde" - denn, wenn ich da schon hingehe, bin ich ja bereits in Stimmung für ein Gespräch. Und warum vorher die Müdigkeit der Gesprächspartner steigern?

Neulich hat uns bei einer Runde von Managern, die sich seit 20 Jahren mit Barcodes beschäftigen, doch wirklich jemand drei Folien vorgelesen, die erklärten, was ein 2D-Barcode ist und wofür man den brauchen könnte. Warum? Weil die Folien halt da waren, von der Präsentation am Vortag. Immerhin konsequent waren die Besprechungs-Kekse auch vom Vortag.