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Gestern hat ein amerikanischer Wettbewerber von uns an der Börse bekannt gegeben, dass er das Geschäft mit »nicht-digitalen Produkten«, also mit Hardware, in einigen Geographien einstellen möchte. Betroffen davon ist unter anderem ganz Europa. Das Geschäft soll wohl verkauft werden. Es wird aber nicht gesagt an wen, oder ob es überhaupt schon Verhandlungen gibt, oder wann das sein könnte. Man möchte das Kapital, das in diesem Geschäft steckt, in Business mit höheren Margen-Chancen stecken.

Seit der Bekanntgabe gestern steht mein Telefon nicht mehr still. Jeder möchte wissen, was ich davon halte. Ob wir einen Krieg gewonnen hätten? Nein, wir haben keinen Krieg geführt.

Also erst einmal: Dieser Wettbewerber und dessen Mitarbeiter sind bei mir hochgeschätzt, man sieht sich gelegentlich auf Veranstaltungen und es gibt keine Feindseligkeit.

Zweitens: Natürlich würde ein Verkauf oder ein Einstellen der Hardware-Distribution in Europa jede Menge Bewegung erzeugen. Die Nachricht an die Mitarbeiter und die Kunden ist ja eigentlich klar: Euer Bereich ist nicht gerade die Perle des Unternehmens, unser Kapital ist dort falsch eingesetzt. Dieser Bereich ist jetzt das ungeliebte Kind.

Drittens: Ist das gut für Jarltech? Vermutlich. Für langfristige Dinge könnte der eine oder andere Händler jetzt den richtigen Zeitpunkt für einen Wechsel des Distributions-Partners sehen.

Viertens: Ist das gut für die Händler? Klar, es ist immer gut für einen Reseller bei Jarltech einzukaufen. :) Allerdings gibt es immer noch genug Distributoren im Markt, die einen guten Job machen. Die Auswahl wird kaum eingeschränkt.

Fünftens: Was machen die Hersteller? Vermutlich nichts. Es gibt laufende Verträge und man wird erst einmal abwarten. Bei dem ein oder anderen, der gerne zum Quartalsende nochmal Ware in den Channel pumpt, fällt halt ein Abnehmer eventuell ganz oder teilweise weg, eventuell gibt es neue Ansprechpartner dort. Machen die anderen Distributoren deswegen mehr Umsatz, dann können sie auch mehr lagern. Wir haben ausreichend Ressourcen in jeder Hinsicht, um Geschäfte aufzufangen. Gut für die Hersteller: Einer weniger, der Forderungen stellen kann, auf Basis eines großen US-Geschäfts auf gewisse Vorzüge in Europa zu pochen. Schließlich haben die meisten Hersteller ihren Hauptsitz in den USA.

Insgesamt stellt sich der Wettbewerber neu auf und ist damit dann eben nicht mehr unser Wettbewerber. Das dieser Teil des Unternehmens einfach so verschwindet, glaube ich nicht. Es wird ein neuer Eigentümer kommen, neuer Wind wird wehen, wir werden es ja sehen.

Warum diese Meldung gerade zu diesem Zeitpunkt kommt? Vor allem warum werden knapp 500 Mitarbeiter verunsichert, ohne dass es auch nur irgendetwas Konkretes gibt? Warum redet man einen eventuellen Verkaufserlös »klein«?

Das – denke ich – ist eine typische Aktion einer amerikanischen Firma, die an der Börse notiert ist. Zeitgleich wurden gestern die Quartals- und Jahresergebnisse bekannt gegeben. Das letzte Quartal war, laut eigener Aussage »below expectations«. Da den Analysten nicht verborgen bleiben kann, dass andere offenbar im gleichen Geschäftsbereich wachsen und gute Ergebnisse liefern, war es vermutlich wichtig, jetzt einfach mal eine Aktivität zu zeigen. Die Aussicht auf freies Kapital und insgesamt weniger Umsatz, aber höhere Gewinne, soll sicher den Aktienkurs treiben, oder zumindest einen zu hohen Abwärtsflug wegen des schwächeren Quartals verhindern. Könnte geklappt haben: Bisher ist der Kurs gesunken, aber nur ganz leicht.